X-Alps News Nr. 6 (21.Juni 2019; Diretissima)
Freitag, 21. Juni, 22.30 h
Diretissima heisst die direkte Route der Eigernordwand, die Franzosen sagen „droit au but“, die Briten „as the crow flies“. Auch unser Adler fliegt wie die Krähe und steuert ohne grössere Umwege auf seiner wetterbedingt gesetzten generellen Linie dem Ziel entgegen. Wir haben seine Leistungen gewürdigt und werden es wieder tun. Aber heute möchte ich mich mit den Schwächen seiner Gegner auseinandersetzen, denn sie tragen mindestens so viel zu Maurers Dominanz bei, wie dessen Stärke.
Gleitzahl = Flugdistanz / Höhenverlust, das weiss jeder Flugschüler. Effektive Renndistanz = zurückgelegte Distanz projiziert auf die Richtung wohin ich möchte. Das sehen wir, wenn wir die Distanzen zum Ziel auf der X-Alps Rangliste konsultieren. Wenn ich beispielsweise von der Kleinen Scheidegg nach Gstaad möchte und in Richtung Interlaken fliege, kann ich meinetwegen auch noch einen Einleinerschirm haben, aber meine effektive Gleitzahl ist immer Null, da meine effektive Distanz Null ist. Ich komme dem Ziel nicht näher. Anders gesagt ich vernichte einfach Höhe. Wenn ich die drei Flüge von Pinot zwischen Eiger und Adelboden analysiere, komme ich so auf eine effektiven durchschnittliche Gleitzahl von 3-4, da sind wir dann in den ganz frühen Anfängen unseres Sports. An thermisch guten Tagen sieht das vielleicht anders aus, aber ohne oder mit wenig Thermik gelten strenge Gesetze: „Der direkte Weg ist der schnellste, solange er vernünftig begehbar ist“ und „Abgleiten in Rechtem Winkel zu Achse ist bei Höchststrafe verboten“! Ein Team, das die einfachsten taktischen Regeln nicht beherrscht oder im Stressfall nicht anwenden kann, hat es auch nicht verdient ein X-Alps zu gewinnen, möge der Pilot noch so gut fliegen.
Ein Schüler der anscheinend in der X-Alps Academy gut aufgepasst hat, ist Patrick von Känel. Er und sein Team haben im Gegensatz zu anderen die Basics heute perfekt umgesetzt und rücken verdient auf Platz vier vor. Er ist zusammen mit dem ebenfalls gut aufgestellten Outters heute Abend unterhalb Brandegg gelandet. Beide machten mir bei einer kurzen Begegnung noch einen hervorragenden Eindruck. Für das Podium müssen sie nun aber den sehr soliden und erfahrenen Guschelbauer attackieren. Der macht zwar auch Fehlerchen, aber man muss sie bisher fast mit der Lupe suchen. Einen gröberen Schnitzer erlaubte sich Aaaron Durogati im Rosenlaui. Ihm muss man aber zu Gute halten, dass er wegen seinem lädierten Knie das ebene Marschieren fürchtet und deshalb halt ab und zu ein Aufstiegs-/Flugmöglichkeit zu viel wählt.
P.S. Der Sieg ist, abgesehen von grossen Widerwärtigkeiten, natürlich vergeben.
Urs Dubach/Jungfrau-Tächi Grindelwald, Grindelwald 21.6.2019, 22.30 h
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